Mittelmeerkreuzfahrt: Seetag
Der vierte Tag ist ein Seetag. Die gibt es hin und wieder, wenn zwei Häfen zu weit von einander entfernt sind. Außerdem spült das (steuerfreie) Geld in die Kassen der AIDA, denn die Leute geben den ganzen Tag auf dem Schiff Geld aus, statt auf den Landgängen.
An Seetagen finden sehr viele Veranstaltungen auf dem Schiff statt. Eine Kunstauktion, eine Veranstaltung mit Antworten des Kapitän auf nautische Fragen seitens der Meute auf dem Pooldeck und vieles andere mehr.
Ansonsten sind diese Seetage nicht sehr ereignisreich, aber sehr erholsam.
Mittelmeerkreuzfahrt: Kreta
Mit unserem Besuch von Heraklion, sowie dem Palast von Knossos und der künstlichen Stadt von Apolithos betrete ich zum ersten mal seit bestimmt 30 Jahren griechischen Boden.
Wir fahren in einer größeren Gruppe zum Palast von Knossos und ich bin zum ersten Mal seit langen Teil einer typischen Pauschaltouristen Reisegruppe, die in solchen Sehenswürdigkeiten als großer Pulk wie eine Schafherde durch die Ruinen mäandert und alles blockiert. Genau das, was ich auf meinen anderen Reisen immer gehasst habe. Man hört auch den einen oder anderen Touristen kopfschüttelnd „das sind die von der AIDA“ sagen. Es ist mir etwas unangenehm, aber es lässt sich auch nicht ändern. Bei den folgenden Stationen werden wir unabhängig von irgendwelchen AIDA Gruppen alleine die Altstädte und Sehenswürdigkeiten erkunden.
Die Ruine des Palast von Knossos ist ein gutes Beispiel für unglaublich viel Geschichte, von der man leider nur noch wenig bis gar nichts mehr sieht. Die gesamte Ruine besteht aus Mauerresten nicht höher als ca. 1 Meter bis maximal 1,80 Meter. Einige Gebäudeteile sind im 19. Jahrhundert von einem Engländer phantasievoll nachgebildet worden – ob das aber so stimmt oder nicht, weiss man nicht genau. Interessant ist die Tatsache, dass der Palast und auch die Stadt rundherum zur Kultur der Minoer gehörte, ca. 3.000 bis 2.000 vor Christus. Die Schrift der Minoer ist bis heute nicht entziffert worden, weswegen man nur wenig über diese Kultur weiß.
Wir sehen einige Ruinenteile, die uns als Thronsaal, Gemächer und ähnliches beschrieben werden – es sieht jedoch alles gleich aus. Viereckige Mauerreste, alleine die Phantasie ermöglicht es uns, den ursprünglichen Zweck zu erkennen. Nur im Thronsaal steht angeblich der antike Thron. Sowieso sind alle interessanten Fundstücke aus der Ruine im Museum ausgestellt, das wir allerdings nicht besuchen und somit die interessantesten Dinge nie sehen werden.
Wir verbringen lange Zeit im Palast von Knossos in der Sonne und sind froh, als es endlich weiter geht zum künstlichen Dorf von Apolithos. Dieses Dorf wurde erst in den 1970ern gebaut, um wie ein ursprüngliches kretisches Dorf auszusehen. Warum das gemacht wurde, erklärt man uns nicht. Das Dorf hat 2-3 kleine Gassen an denen kleine Häuser gesäumt sind. In einem der Häuser befindet sich ein kleines Museum mit Kleidung und Alltagsgegenständen. Ansonsten gibt es in dem Dorf noch ein angeschlossenes Hotel und ein kleines Restaurant, in dem wir eine Stunde lang sitzen, auf die Rückfahrt warten und einen Schnaps angeboten bekommen. Das Restaurant ist wunderschön überschattet durch ein dichtes Laubwerk von Bäumen und hat einen sagenhaften Blick über die gesamte Ebene unterhalb des kleinen Dorfes.
Am Ende der Tour lassen wir uns in Heraklion absetzen und wandern eine Fussgängerzone rauf und runter, in der man sich sehr stark auf Touristen wie uns spezialisiert hat. Nur Souvenirläden und Restaurants. Gegen Ende unseres Spaziergangs besuchen wir noch eine Kirche, danach geht’s zurück auf’s Schiff.
Wir genießen ein wenig die Whirlpools auf dem Schiff, trinken dabei gemütlich Cocktails und bleiben am Ende des abends bis viel zu spät in der „Anytime Bar“ am Heck des Schiffes.
Mittelmeerkreuzfahrt: Rhodos
Schon bei der Buchung der Reise hatten meine Brüder und ich beschlossen, mindestens einen Tauchausflug mitzumachen. Wir hatten uns für Rhodos entschieden, da der Tauchausflug sehr interessant beschrieben war, die Stadt Rhodos jedoch nicht.
Damit ist fast der ganze Tag eng durchgetaktet Wir müssen schon um 9 Uhr morgens zum Diving Center um die Formalitäten für den Tauchausflug zu erledigen. Um 9:30 Uhr gehen wir mit unseren Schwimmwesten für die obligatorische Sicherheitsübung an Deck zum Durchzählen. Gegen 10 Uhr nehmen wir unsere Tauchausrüstung entgegen und ziehen den Neoprenanzug und das Jacket probeweise an. Christian und ich verfolgen um 11 Uhr das Anlegemanöver in Rhodos während Alex, Natia und meine Eltern einen Vortrag über Stoffwechseloptimierung anhören. Um 12 Uhr gehen Christian und ich mit der gesamten Tauch- Schnorchel- und Badegruppe von Bord und fahren mit einem Bus zu zwei Buchten ca. 15 Minuten von der AIDA Anlegestelle entfernt.
Die Tauchbucht ist sehr schmal, der Strand ist nur ca. 7 Meter lang, aber halb Rhodos scheint hier baden zu wollen.
Wir ziehen einen 7mm Langärmel-Neopren an, was in der heißen Sonne von Rhodos wahnsinnig erscheint, später im Wasser aber ganz angenehm warm hält. Die Unterwasserwelt in dieser Bucht ist nicht sehr spektakulär. Das einzig faszinierende, was wir zu sehen bekommen ist eine Seenadel – ein Fisch, der wie Seegras aussieht und fast nicht zu entdecken war – sowie eine Grotte, durch die wir hindurchgetaucht sind.
Der Rest sind wenig bewachsene Felsen und Sandplacken. Wenige und wenn dann nur kleine Fische haben die Bucht bevölkert. Vielleicht verständlich bei so vielen Badegästen und Motoryachten, die in dieser Bucht die Sonne genossen.
Nach zwei Tauchgängen in der ersten Bucht gehen wir in der Nachbarbucht in ein Restaurant und warten dort 2 Stunden zusammen mit den AIDA Tauchlehrern auf die Abfahrt des Busses.
Den Abend lassen wir auf der „Anytime Bar“ Terrasse am Heck ausklingen, auch wenn es dort ständig sehr windig, fast ein wenig zu windig ist.
Mittelmeerkreuzfahrt auf der AIDA: Anreise
Diese Reise mit der „AIDA aura“ steht voll und ganz unter dem Zeichen einer Familienreise. Nicht nur ist mein Bruder Christian mit dabei, der mich schon bei vielen anderen Reisen begleitet hat, sondern auch mein Bruder Alexander plus Ehefrau Natia sowie meine Eltern Wolfgang und Carola.
Unsere Reise beginnt am Sonntag, 24. August am Hamburger Flughafen mit einer Urlaubsmaschine von Airberlin. Warum Urlaubsmaschine? Nicht nur sahen alle Fluggäste nach Urlaub aus, es wurde nach der Landung sogar geklatscht. Das passiert nicht bei einem normalen Airberlin Linienflug von Hamburg, nach, sagen wir mal Köln. In Antalya angekommen durchlaufen wir einen mehrstufigen Einreise- und Eincheck-Prozess. Es geht mit einer langen Schlange an der Passkontrolle im Flughafen los, gefolgt von einer halbstündigen Bustour durchs nächtliche Antalya, sowie dem Einchecken im Fährterminal bei der „AIDA aura“ selbst. Die AIDA Crew speichert alle Daten aus dem Reisepass inkl. Foto und übergibt die Borkarte, die für alles weitere der einzige Ausweis und Zahlungsmittel bleiben wird.
Wir kommen erst spät an Bord, gegen 20:30 Uhr. Es bleibt gerade noch Zeit, im Calypso Restaurant, eines von zwei Buffetrestaurants an Bord, etwas zu essen und dann auf dem Sonnendeck das Ablegen und die Ausfahrt zu genießen. Wie immer bei den AIDA Schiffen wird die Ausfahrt von dem Song „Sail away“ begleitet, oder wie die Crew es hier ausspricht: „Selaweh“.
Die AIDA Crew gibt sich sichtlich Mühe, die erste Ausfahrt zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Erst gibt die Stage-Musical-geschulte Gruppe eine Tanz- und Gesangsdarbietung auf der Bühne des Pooldecks, danach flackert eine spektakuläre Lasershow kreuz und quer über das Pooldeck.
Wir verbringen noch ein wenig Zeit auf dem Pooldeck und ziehen zum Abschluss des abends zur „Anytime Bar“ weiter. Da für Christian und mich der nächste Morgen schon früh mit einem Tauchausflug beginnen wird, gehen wir relativ früh zu Bett.
Der nächste Urlaub: eine Mittelmeer Kreuzfahrt.
Die nächste Reise steht an. Ab Sonntag geht es für 1 Woche zum Mittelmeer. Wir fahren mit der AIDA Aura von Antalya über Rhodos, Kreta, Dubrovnik, Zadar nach Venedig.
Es ist das erste Mal für mich, auf einer so langen Kreuzfahrt durch die Gegend zu schippern. Es wird eine interessante Mischung aus Sightseeing schöner Altstädte, Cluburlaub und Tauchurlaub werden.
Letzter Tag in Sambava und Rückreise
Nachdem alle Exporteursbesuche abgehakt sind und wir auch die Vanilleplantage besichtigt haben, stellt sich uns die Frage, wie wir die restliche Reise bestreiten. Es ist etwas kniffelig, denn die ursprüngliche Planung sah vor, dass wir via Antananarivo nach Nosy Be fliegen, eine wunderschöne kleinere Insel nordöstlich von Madagaskar. Von da aus sollte es mit einer Fähre nach Ambanja weitergehen, wo der Geschäftspartner meines Onkels eine Kakaoplantage hat.
Der Wetterbericht sieht für die nächsten Tage allerdings sehr viel Regen voraus, sodass Nosy Be und Ambanja sehr trist und langweilig werden können. So beschließen wir, nicht nach Nosy Be zu fliegen.
Wir müssen den Flug nach Antananarivo jedoch definitiv antreten, da es von Sambava oder Antalaha in den nächsten Tagen keinen Flug mehr geben wird, den wir nehmen können.
Da Antananarivo als Stadt allerdings auch nicht sehr interessant ist und auch die Umgebung wenig bietet, treffen wir die Entscheidung, diese Reise nach bereits 4 Tagen zu beenden.
Wir fahren noch zu zwei Exporteuren, teils um zum letzten Mal Vanille zu begutachten, teils um Muster für später abzuholen und drehen zeitgleich eine weitere Runde durch den Ort.
Mittags essen wir bei dem Geschäftspartner meines Onkels zu Mittag. Wir können unseren Flug nicht verpassen, denn wir müssen uns erst vom Mittagstisch erheben und zum Flughafen fahren, wenn wir das Flugzeug landen hören. Außerdem, so sagt man uns, wisse der Pilot, dass er nicht ohne uns losfliegen dürfe. Immer wieder interessant, was die Beziehungen des Geschäftspartners alles ermöglichen.
In Antananarivo kaufen wir noch ein paar Souvenirs auf einem Touri-Markt und schlagen ein paar Stunden im traditionellen Hotel Colbert tot, in dem schon meine Großeltern in den 1960ern übernachtet haben. Dann treten wir die Rückreise nach Paris an und 4 intensive Tage auf der Insel der Vanille finden ihr Ende.
Sambava und die Vanille Plantage
(Kurz vorab: Die letzten Tage waren sehr ereignisreich und angefüllt mit wenig Zeit für Arbeit am Computer, gleichzeitig war das WLAN fast überall sehr bescheiden. Daher werden diese Blogposts der letzten 2 Tage erst fertig, als wir schon längst wieder in Hamburg sind.)
Wir frühstücken bei Marie Helene und Bernd. Anschließend führt uns Marie Helene durch ihren Garten hinter der Apotheke sowie durch die Zahnarztpraxis. Bernds Zahnarztpraxis ist im Haus nebenan, das auch den beiden zu gehören scheint. Seine Praxis ist in ganz Madagaskar berühmt, teilweise reisen die Patienten aus anderen Städten an, um sich bei ihm Prothesen machen zu lassen, das ist sein Spezialgebiet.
Heute besuchen wir nur noch einen Exporteur. Mein Onkel kennt ihn schon seit 40 Jahren, die beiden sind ebenfalls gute Freunde. Dieser Exporteur exportiert fast ausschließlich schwarze Vanille und lässt die Vanille von ca. 60 bis 80 Arbeiterinnen auf Kacheltischen sortieren, was für hiesige Verhältnisse sehr fortschrittlich, aber auch sehr untypisch ist. Meistens werden die Vanilleschoten auf Leinentüchern sorgiert.
Gegen Mittag fahren wir die 80km zurück nach Sambava. Kurz vor Sambava werden wir von der Polizei angehalten. Der Polizist verlangt nach den Autopapieren, die wir zwar dabei haben, es aber nicht wissen. Mein Onkel erklärt, dass das Auto seinem Geschäftspartner, den jeder in Sambava kennt, gehört und der Polizist ruft ihn an und verlangt, dass mein Onkel mit seinem Geschäftspartner spricht.
Der Polizist hat Humor, denn als mein Onkel sagt: „der Polizist hat gesagt, dass er mich ins Gefängnis stecken will“, ruft der Polizist erschrocken „das habe ich gar nicht gesagt“ und wir alle lachen.
Letztendlich will der Polizist nur Geld haben, das weiß mein Onkel schon als der Polizist uns angehalten hat, denn es ist anscheinend jedes Mal dasselbe. Er zählt 10.000 von der lokalen Währung ab (ca. 4 Euro) und gibt sie ihm.
Am Nachmittag fahren wir auf eine Vanille Plantage. Die letzte Station dessen, was wir unbedingt in Madagaskar sehen wollten.
Um zur Plantage zu gelangen müssen wir mit einem Offroad tauglichen Allrad Fahrzeug fahren, denn es ist eine abenteurliche Piste hoch in den Busch, oberhalb von Sambava. Es geht über steile, vom Wasser in Furchen gewaschene Wege, anfangs fahren wir über eine sehr wackelige Brücke aus Holzbohlen über einen kleinen Fluss.
Die Plantage ist ein ca. 60 Hektar großes Grundstück mitten im madagassischen Busch und gehört dem Bruder des Geschäftspartners meines Onkels. Dort baut er neben Vanille auch noch Gewürznelken, Zimt, Zitronengras, Pfeffer, Kaffee und vieles mehr an. Alles wächst hier und da, man hat das Gefühl es ist ein totales Durcheinander. Ein ganz normaler Dschungel eben.
Wir sehen Treibhäuser, die aus Palmenwedeln gemacht sind, in denen kleine Ebenholzbäume, Palisanderbäume und ähnliches gezüchtet werden. Auch ein Wespennest an einem kleinen Zweig finden wir auf unserem Weg, beinahe wären wir dagegen gekommen.
Zwischendrin gibt es immer wieder Flächen, auf denen sehr viele Vanille Pflanzen wachsen. Die Lianen ranken an Bäumen oder Buschpflanzen hoch – oder einfach nur auf Stöcken, die die Bauern in den Boden gerammt haben. Es sind keine geordneten Reihen wie auf einem gepflegten Deutschen Acker, sondern unregelmäßig alle 1-2 Meter eine Liane, die sich ca. 1 Meter bis 1,70 Meter hochschlängeln.
Es ist die Zeit, in der die grünen Vanilleschoten wachsen und gedeihen. Daher ist der viele Regen, den es in diesen Tagen im März gibt, sehr gut für die Vanille. Es wachsen viele lange und dicke Schoten an den Lianen.
Während wir durch den Busch laufen, werden wir von drei der Bauern unseres Bekannten begleitet, die teilweise Barfuss laufen! Einer von ihnen, relativ jung, hat eine Machete dabei und zeigt uns erst, wie man die Rinde vom Zimtbaum entfernt, um Zimt zu gewinnen, später öffnet er sehr geschickt Kokosnüsse, aus denen wir das Kokosnusswasser trinken, was sehr erfrischend ist.
Nur zwei Minuten, nachdem wir ins Auto einsteigen, um zurück nach Sambava zu fahren, fängt der übliche nachmittägliche heftige Regenguss an, den es in der jetzigen Regenzeit häufiger gibt. März ist der Monat mit der höchsten Regenmenge des Jahres.
Abends sind wir bei einem der Exporteure eingeladen, der ein sehr amerikanisch anmutendes Haus direkt am Meer im Süden von Sambava bewohnt. Wir sitzen auf der riesigen Terrasse, das Meer bereite in ca. 20 Metern Entfernung eine angenehme Rauschkulisse. Nach einem weiteren 3 Gänge Menü – wir bekommen überall immer mindestens 3 Gänge kredenzt – kehren wir ins Hotel zurück.
Antalaha
Antalaha ist der zweite größere Ort der Vanille Region „SAVA“ mit ebenfalls vielen Exporteuren. Früher war es das Zentrum des Vanille Handels, mittlerweile hat sich das allerdings nach Sambava verlagert.
Wir fahren auf einer gut asphaltierten Straße die 80km gen Süden, vorbei an vielen kleinen Dörfern mit Holzhütten mit Dächern aus Palmenblättern. Zwischendurch immer wieder Buschwerk und ausgedehnte grüne Flächen mit Palmen, dahinter die Gebirgsketten des Inlands. Einen Dschungel mit großen Bäumen gibt es hier nicht, auf Madagaskar ist im Laufe der Jahrzehnte fast alles abgeholzt worden.
Entlang der Straße gibt es viele Fahrradfahrer und Fußgänger – insbesondere sieht man immer wieder Frauen, die ihr „Gepäck“ auf dem Kopf balancierend tragen.
In Antalaha besuchen wir nicht nur einige Exporteure, sondern auch Marie Helene Kam Hyo und Bernd Zschocke, zwei langjährige Freunde meines Onkels. Marie Helene betreibt eine Apotheke und Bernd ist Zahnarzt. Sie ist Madagassin, er Deutscher, wie sein Name bereits verrät. Die Apotheke ist allerdings nicht das einzige, was Marie Helene dort im Ort betreibt, doch dazu später mehr.
Nachdem wir die beiden in Marie Helenes Apotheke begrüßt und die Uhrzeit für ein gemeinsames Mittagessen geklärt haben, fahren wir zu einem Exporteur, wo wir erneut sehen, wie viel manuelle Arbeit notwendig ist, bis die Vanille in Europäischen Küchen ankommt. Wir sehen unzählige Arbeiterinnen, die nach Feuchtigkeit und Schotenlänge sortieren, in Bündel binden, in Kisten packen, und vieles mehr.
Eine wirklich besondere Station unserer Exporteurs-Roadshow will mein Onkel nur aus Neugier ansteuern. Die Exporteurin kennt er noch nicht, anscheinend ein neuer Betrieb. Es scheint alles etwas unorganisiert und chaotisch, die Exporteurin selbst steht in Mitten des Trubels in einem luftigen gelben Sommerkleid und High Heels, als wäre sie nach unserem Besuch im Szene Café von Antalaha verabredet. Falls es so etwas dort überhaupt gibt. Aber zu Preisen und Mengen kann sie uns keine Auskunft geben.
Bei jeder Station ist Smalltalk im Büro des Exporteurs ein nicht unwesentlicher Bestandteil. Es gibt nicht viele Exporteure in Madagaskar, man kennt sich und tratscht über die aktuelle Situation im Vanille Markt, aber auch über die Gaunereien und das Pech der anderen.
Und natürlich wird immer wieder darüber gesprochen, wie die letzten Ernten und Qualitäten waren, bzw. wie die Ernte dieses Jahres ausfallen wird – und damit verbunden natürlich auch die Preisentwicklung. Je mehr Exporteure man spricht, desto eher kann man sich ein Bild davon machen, was dieses Jahr zu erwarten ist. Eine Welt, in der die wesentlichen Informationen komplett ohne moderne, digitale Technologie weitergegeben werden.
Gegen 17 Uhr sind wir mit den Exporteursbesuchen für heute fertig und treffen Marie Helene wieder, die mit uns zu ihrem Herzensprojekt fährt: Ein Dorf ehemaliger leprakranker Menschen und ihren Familien. Die Bewohner sind von ihrer Krankheit geheilt und nicht mehr ansteckend, werden aber dennoch von der Gesellschaft in Antalaha verstoßen, da die Verstümmelungen natürlich weiterhin offensichtlich sind. Viele ehemalige Betroffene haben Familien und Kinder, finden aber keinen normalen Arbeitsplatz mehr.
Marie Helene hilft diesen Menschen in einem Dorf kurz außerhalb von Antalaha. Es gibt dort Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und Schulen für die Kinder. Die Familien können so einem geregelten Leben nachgehen.
Da die Firma meines Onkels sich dort beteiligt und Geld für den Aufbau des Dorfes spendet, schaut mein Onkel jedes Mal dort vorbei, wenn er in Antalaha ist. Heute hat er einem der Bewohner, der schon fast ein Freund von ihm geworden ist, einen Sack Reis mitgebracht.
Die Menschen in dem Dorf sind fröhlich und freuen sich anscheinend, in einer Gemeinschaft zusammenleben zu können. Marie Helene zeigt uns das Dorf, die Aufforstungsprojekte und lässt meinen Vater und mich jeweils einen Baum pflanzen (natürlich Rosenholzbäume – die braucht Madagaskar in Zukunft wieder, aber das ist eine ganz andere Geschichte).
Abends essen wir bei Marie Helene und Bernd zu Abend. Es gibt u.a. Schwarzbrot – wir haben Bernd 6 Packungen davon aus Deutschland mitgebracht, worüber er sich sichtlich gefreut hat.
Wir übernachten im Hôtel Hazovôla in Antalaha, aber auch dort gibt es kein vernünftiges WLAN. Internet, bzw. WLAN ist keine einfache Sache in diesem Land. Zudem es in dem Hotel eine sehr fragile Elektrizitätsanbindung zu geben scheint, ständig flackert das Licht.
Vanille in Sambava
Montag steht ganz im Zeichen der Vanille. Wir besuchen 4 Exporteure und lassen uns deren unterschiedliche Vanille Qualitäten zeigen. Neben der allseits bekannten „schwarzen Ware“ gibt es nicht nur „rote Ware“ sondern auch jede Menge andere Qualitäten: viele unterschiedliche Abstufungen von Feuchtigkeit und Weichheit, geschlossene Schoten oder Splits (sehr reife Schoten, die bereits aufgeplatzt sind um die Samen zu verbreiten), und die „Reste“ der Verarbeitung, sogenannte Cuts, die dennoch für die Industrie interessant sind.
Jeder der Exporteure zeigt uns sein Lager und führt uns die veschiedenen Qualitäten vor. Mein Onkel betrachtet alles im Detail, riecht an den Vanillebunden und entscheidet so, was er kaufen wird und was nicht.
Die Qualitäten sind sehr unterschiedlich, teilweise sind die Nuancen zwischen guter und nicht ganz so guter Vanille allerdings kaum zu erkennen. Die Vanille ist nicht feucht oder trocken genug, klebt oder klebt nicht, der Geruch ist perfekt oder hat den Hauch einer falschen Note. Hin und wieder ist die uns gezeigte Ware so schlecht, dass man (also ich) es sofort sehen oder riechen kann. Oftmals versuchen wir vergeblich nachzuvollziehen, weswegen eine Sorte gut oder schlecht ist. Die 40 Jahre Erfahrung meines Onkels im Vanille Einkauf lassen sich eben nicht an einem Nachmittag nachholen.
Was sehr beeindruckend und sehr interessant für uns ist: viele Exporteure bearbeiten immer noch die Ernte aus 2013. Wir sehen fast überall Arbeiterinnen (ja, es sind durchweg nur weibliche Arbeitskräfte!) die Vanille nach Größe und Feuchtigkeitsgehalt sortieren. Teilweise ganz klassisch wie die letzten 130 Jahre auf dem Boden sitzend, teilweise in langen Reihen an Tischen, mit Uniform und Häubchen für die Haare.
Einige der Exporteure trocknen zu feuchte Ware, die nicht mehr der Sonne ausgesetzt werden sollte, auf flachen Holz- oder Plastikgittern. Dort werden sie ein paar Tage dem natürlichen Luftzug ausgesetzt, bis sie die gewünschte Feuchtigkeit erreicht haben.
Ein Exporteur hat den ganzen Hof voll mit Vanille, die in der Sonne schwitzen sollte. Traditionell auf Leinensäcke gelegt wird die Vanille eine Zeit lang der Mittagssonne ausgesetzt, bevor sie zurück in Plastiksäcke gesteckt wird.
Vanille ist ein sehr arbeitsintensives Gewürz und daher nicht ohne Grund so kostspielig. Alles in allem scheint alleine die Exporteure sehr viel manuelle Arbeit mit der Vanille zu haben. Die Arbeit der Bauern bei der Bestäubung der Blüten, der Ernte und den ersten Tätigkeiten der Präparation haben wir noch nicht mal zu Gesicht bekommen – und werden es auch nicht, da wir zur falschen Jahreszeit hier sind.
Da wir auf dem Weg zu den Exporteuren kreuz und quer durch den Ort fahren, sehen wir noch mehr von dem Ort und der Landschaft drumherum.
Abends sind wir zur Abwechslung nicht zum Essen bei irgendjemandem eingeladen und essen gemütlich im Hotel, während wir das Rauschen der Brandung des nahe gelegenen Strandes genießen.
Anreise nach Sambava und erster Tag
Wir starten am späten Freitag Nachmittag gen Madagaskar. Wir, das sind mein Onkel, mein Vater und ich – die Vanille Reisegruppe. Unser Reiseziel ist die Region „SAVA“, was für Sambava, Antalaha, Vohémar und Andapa steht. Aus dieser Region stammen ca. 70% der gesamten weltweit verkauften Vanille! Die meisten Geschäftspartner meines Onkels stammen aus dieser Region.
Die Anreise nach Madgaskar ins Hauptanbaugebiet der Vanille ist eine wahre Odyssee! Es ging am Freitag über Paris (inkl. Übernachtung) weiter nach Antananarivo (11 Stunden Flug und eine weitere Übernachtung) bis nach Sambava, wo wir erst am Sonntag Mittag ankommen.
Der Flughafen von Antananarivo ist der größte der Insel – und vergleichsweise klein. Es gibt vor dem kleinen Flughafengebäude nur Außenpositionen. Sogar für Flugzeuge wie die Boeing 777, mit der wir angekommen sind. Im Flughafengebäude herrscht das reinste Chaos. Es sind zwei Flugzeuge angekommen, unseres und ein weiteres aus Bangkok. Der Flughafen ist völlig überfordert, das kleine Flughafengebäude gerammelt voll. Vor der Passkontrolle bildet sich eine riesige Wolke an Reisenden, direkt 5 Meter hinter der Passkontrolle ist schon das Gepäckband, vor dem sich unzählige Reisende mit ihren Gepäckwagen gegenseitig im Weg standen.
Der Flughafen von Sambava ist noch kleiner als der in Antananarivo, dort geht man keine 30 Meter zu Fuß vom Flugzeug zum winzigen Flughafengebäude.
Wir werden von einem Geschäftspartner und guten Freund meines Onkels am Flughafen abgeholt und zum Hotel gebracht. Das l’Orchidea Beach II befindet sich, wie der Name schon sagt, direkt am kilometerlangen weißen Sandstrand von Sambava. Mein Blick vom Balkon ist fantastisch, ich werde heute Abend zum Rauschen der Wellen einschlafen.
Am Nachmittag fahren wir eine kleine Runde durch Sambava. Der Ort besteht aus zumeist einstöckigen Häusern, die sich an einer langen Hauptstrasse entlangziehen. Etwas weiter vom Ortskern entfernt sind es dann nur noch Holz- und Blechhütten. Ganz am Rande des Ortes wohnen bereits die ersten Kleinbauern, die Vanille in ihren Hintergärten anbauen und nur wenige Kilo pro Jahr ernten.
Wie so oft in diesen südlichen Ländern, sind die Straßenränder von vielen Marktständen gesäumt, auf denen viele unterschiedliche Früchte verkauft werden.
Den Rest des Tages ruhen wir aus, die letzten 2 Tage Anreise waren anstrengender als gedacht. Abends sind wir zum Abendessen mit dem Geschäftsfreund meines Onkels eingeladen. Im Hotel Carrefour, eines der besten hier im Ort, bekommen wir ein hervorragendes 3 Gänge Menü kredenzt.
Den restlichen Abend verbringen wir weitestgehend im Dunkeln, denn im gesamten Ort gibt es einen Stromausfall. Ein tragischer Unfall war die Ursache: Ein Madagasse ist besoffen gegen einen Strommast gefahren – und hatte in dabei sogar noch ein kleines Kind getötet. Der Stromausfall bleibt fast den ganzen restlichen Abend, wir bekommen vom Hotel kleine Batteriebetriebene Leuchten für unsere Zimmer. Stromausfälle kommen anscheinend häufiger vor.